Rede zur Verabschiedung des Hauhalts 2022

Rede zur Verabschiedung des Hauhalts 2022

Andreas Epp für die Fraktion Freie Wähler/Aufbruch C im Kreis Lippe

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Lehmann, sehr geehrte Mitglieder des Kreistages, sehr geehrte Damen und Herren,

die vergangenen Jahre haben unser aller Leben verändert. Ein Krieg in der Ukraine und die daraus folgende Energiekostenentwicklung, Inflation und die Zinsentwicklung – die EZB hat den Leitzins vergangenen Donnerstag auf 3,5 Prozent angehoben – bilden eine Herausforderung. Flüchtlinge, die in Lippe Schutz suchen sowie ein genereller, starker Anstieg der Sozialleistungen stellen darüber hinaus weitere zusätzliche Belastungen für den Haushalt des Kreises Lippe dar. 

Auch die Zukunft hält nicht weniger Belastungen für den Haushalt bereit:

Die glücklicherweise zu Ende gehende Coronapandemie wird den Haushalt ab 2026 durch die isolierten Corona-Kosten jährlich belasten. Und auch die Entwicklung der Personalkosten aufgrund der sich abzeichnenden Ergebnisse der Tarifverhandlungen werden diesen und die zukünftigen Haushalte des Kreises Lippe wesentlich stärker als bisher geplant belasten.  Belastungen, die zusätzlich sind – Belastungen die schwerwiegend sind – und Belastungen, die jeder Lippische Bürger durch seine Steuerzahlungen zu tragen hat.  Diesem Lippischen Bürger, von dessen Steuerzahlungen knapp 600 Euro pro Jahr an die Kreisverwaltung gehen, sind wir generell – und in schwierigen Zeiten noch viel mehr – eine  Erklärung schuldig, was mit seinen Steuergeldern passiert, wofür diese ausgegeben werden und warum die Kreisverwaltung ein Risiko für die Kommunen durch die steigende Kreisumlage, nämlich die Haushaltssicherung, bewusst in Kauf nimmt. 

Wir sind es dem Bürger schuldig, einen genauen und kritischen Blick auf den Haushalt seiner Kreisverwaltung zu werfen. Diesen kritischen Blick haben wir als Fraktion in den letzten Wochen intensiv vorgenommen und stellten fest, um es mit den Worten von Wolfram Weidner, einem deutschen Journalisten, geboren 1925 zu sagen:

„Die Verwaltung darf man nicht unter die Lupe nehmen, weil sie sonst noch größer wird.“

Doch genau diese Lupe müssen wir ansetzen und sind es unseren Lippischen Bürgern schuldig, die es zurzeit selbst durchleben: Sparmaßnahmen durch Neubetrachtung- und Neustrukturierung von Alltagsabläufen hat fast jeder einzelne lippische Bürger in Kauf nehmen müssen. Gleiches erwarten wir auch von der Kreisverwaltung. Diese immer größer werdende Verwaltung und vor allem ihr immer teurer werdender Haushalt, der nun – wie eben erwähnt – aktuell und in Zukunft stark zusätzlich belastet wird, ist zu Einsparungen gezwungen.  Und unsere angesetzte Lupe zeigt uns: Wir müssen nicht nur, sondern wir können auch deutlich mehr als bislang geplant ist, einsparen. 

Sparen können wir durch eine echte, nachhaltig und langfristig ausgerichtete Aufgaben- und Strukturanalyse, die sich im Kern mit Abläufen und Prozessen beschäftigt und diese optimiert. Eine Analyse, deren Einsparergebnisse nicht im Wesentlichen durch Einmaleinsparungen, auslaufende Projekte, Verschiebungen von Ausgaben und Projekten und Fördersummen erzielt werden, alles naheliegende Dinge, die ohne Aufgaben- und Strukturanalyse in den Haushalt eingeflossen wären. Sparen können wir durch eine Fokussierung der Kreisverwaltung auf Pflichtaufgaben, statt auf medienwirksame Hochglanzprojekte zu setzen. Freiwillige Leistungen des Kreises müssen beleuchtet und einer kritischen Prüfung der Notwendigkeit bzw. dem Nutzen für den Lippischen Bürger unterzogen werden. Dringend erforderlich ist hier insbesondere die transparente Darstellung der freiwilligen Leistungen im Produkt-Haushalt.

Im vorgelegten Haushalt werden viele freiwillige Leistungen in Pflichtprodukten bzw. Teilen von Pflichtprodukten ausgewiesen. Des Weiteren müssen Projekte mit Teilförderungen durch Land oder Bund zukünftig viel intensiver geprüft werden. Es entsteht der Eindruck, solange es x Prozent Förderung gibt, wird es gemacht, ob dringend notwendig oder nicht ist dann Nebensache. Dabei sollte – nein! –  muss es andersherum sein! An erster Stelle steht ein eindeutiger Bedarf zum Nutzen unserer Bürger, denen wir verpflichtet sind – und dann bemüht man sich um eine möglichst hohe Förderung, um die finanzielle Auswirkung dieser als dringlich und wichtig eingestuften Aktivität zu reduzieren. Das ist verantwortungsvoller Umgang mit dem Geld anderer Menschen!

Sparen können wir auch und vor allem in dem Bereich der Personalausstattung bzw. der Stellenentwicklung der Kreisverwaltung. Stellenzuwächse sollten zukünftig nur noch bei unabweisbaren, neuen Aufgaben oder Aufgabenveränderungen bei Pflichtleistungen – beispielsweise im Rettungsdienst und der Leitstelle – eingeplant werden. Stellenmehrbedarfe sollten kritisch überprüft und ggf. intern aufgefangen werden, durch wegfallende Aufgaben (zum Beispiel Bindungen in freiwilligen Leistungen) aufgelöst, oder eben durch eine Überprüfung der Prozesse effizienter gestaltet werden.  Diese Kreisverwaltung wächst und wächst und wächst! Trotz des Sparzwanges. Wie passt das denn eigentlich noch zusammen? Jede andere Unternehmung wüsste, was zu tun ist: Kosten reduzieren statt erhöhen. 

Herr Landrat, vor dem Hintergrund der immensen Kostenentwicklung und diesem „Koloss“ einer Kreisverwaltung fordern wir eine Fokussierung auf Pflichtaufgaben, einen Fokus auf nachhaltige Anpassung von Prozessen und Strukturen sowie eine Priorisierung zukunftsweisender Weiterentwicklungen von neuen Arbeitsformen, Digitalisierung, Desksharing etc.  Wir fordern Sie auch auf, die Gespräche mit den Kommunen im Laufe des Jahres 2023 fortzusetzen und zu einer Fortführung und gegebenenfalls Anpassung des „lippischen Kreisumlagemodells“ für das Jahr 2024 zu kommen. Die Städte und Kommunen in Lippe brauchen Planungssicherheit und eine stabile Beteiligung an der Kreisumlage!

Weil dies unserer Meinung nach gar nicht oder nur sehr unzureichend geschieht, und aufgrund der vielen Einsparmaßnahmen, die vorgeschlagen aber grundlos nicht umgesetzt werden, lehnen wir als Fraktion Aufbruch C / Freie Wähler, den Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 ab. 

Danken möchten wir ausdrücklich all denjenigen Mitarbeitern unserer Kreisverwaltung, die ihren Job großartig ausüben und die für Entscheidungen, die unsere heutige Kritik betreffen, nicht verantwortlich sind. 

Danken möchten wir dem Landrat Herrn Dr. Lehmann und unserem Kämmerer, Herrn Grabbe, dafür, dass sie sich unserer Kritik stellen und in der Hoffnung und Erwartung, dass sie für einen noch intensiveren Dialog und eine ergebnisoffene und unvoreingenommene Mitarbeit bereitstehen. 

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